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Erste Hilfe am Kind: Was jede Familie wissen sollte

Ein Thema, das wir alle am liebsten nie brauchen – aber unbedingt kennen sollten.

Ich weiß noch genau, wie mir vor ein paar Jahren das Herz in die Hose rutschte. Mein Kleiner, damals zwei, stürzte im Garten, blieb kurz benommen liegen und fing dann bitterlich an zu weinen. Sekunden, die wie Stunden wirkten. Ich war panisch, aber irgendwie funktionierte ich. Pflaster drauf war’s diesmal nicht. Und da wurde mir klar: Wir alle sollten verdammt nochmal wissen, was im Ernstfall zu tun ist – bevor der Ernstfall eintritt.

Warum Erste Hilfe am Kind so anders (und wichtig!) ist

Kinder sind keine kleinen Erwachsenen – weder körperlich noch emotional. Ihr Kreislauf reagiert empfindlicher, ihre Atemwege sind enger, ihre Haut ist dünner, und sie sagen oft nicht, wo es weh tut. Deshalb ist Erste Hilfe bei Kindern auch keine einfache Kopie des Erwachsenen-Programms, sondern ein eigener Bereich – und ja, manchmal eine echte Herausforderung.

Außerdem: Kinder verunglücken anders. Sie verschlucken Murmeln, kippen mit dem Hochstuhl um oder stolpern über die eigenen Schuhe. Was bei Erwachsenen selten vorkommt, ist bei Kids Alltag. Genau deshalb ist es so wichtig, dass wir Eltern, Großeltern, Tanten, Onkel und Babysitter wissen, wie wir helfen können.

Was gehört zum absoluten Erste-Hilfe-Basiswissen?

Bevor wir tiefer einsteigen: Hier ein kleiner Überblick über das, was wir alle draufhaben sollten – ohne Wenn und Aber:

  • Notruf absetzen: 112 anrufen, ruhig bleiben, die fünf W-Fragen beantworten (Wer? Was? Wo? Wie viele? Warten!)
  • Stabile Seitenlage: Wenn das Kind bewusstlos, aber atmend ist
  • Wiederbelebung: Wenn keine Atmung feststellbar ist
  • Erstversorgung bei Wunden, Verbrennungen, Vergiftungen
  • Verhalten bei Fieberkrämpfen, allergischen Reaktionen, Verschlucken

Aber keine Sorge – wir gehen das jetzt Schritt für Schritt durch. Mit echten Beispielen und ganz ohne medizinisches Kauderwelsch.

Notruf: Wenn du 112 wählst, zählt jede Info

Du hast die 112 gewählt. Jetzt bloß keine Panik. Die Person am anderen Ende ist geschult, hilft dir mit Fragen weiter und bleibt dran, bis Hilfe kommt.

Ein Beispiel: Dein Kind fällt rückwärts von der Schaukel, bleibt kurz benommen. Du rufst 112 und wirst gefragt:

  • Wer ruft an? (Dein Name)
  • Was ist passiert? (Kind vom Spielgerät gestürzt, bewusstlos)
  • Wo ist es passiert? (Genauer Ort, Spielplatz, Straße)
  • Wie viele sind verletzt? (Nur dein Kind? Oder auch ein anderes?)
  • Warten auf Rückfragen – nicht einfach auflegen!

Klingt einfach? Ist es auch – wenn man es einmal bewusst durchgegangen ist. Viele Eltern sagen später: „Ich wusste gar nicht, dass ich so ruhig bleiben kann.“

Bewusstlosigkeit und Seitenlage – das kleine 1×1

Wenn ein Kind bewusstlos ist, aber noch atmet, musst du es in die stabile Seitenlage bringen. Das klingt wie ein Handbuchkapitel, ist aber echt simpel:

  1. Kind vorsichtig auf den Rücken legen
  2. Arm neben dir anwinkeln, anderen über die Brust legen
  3. Bein auf der gegenüberliegenden Seite anwinkeln
  4. Über das angewinkelte Bein zur Seite rollen
  5. Kopf überstrecken, damit die Atemwege frei bleiben

Einmal geübt, vergisst du das nie wieder. Versprochen.

Herz-Lungen-Wiederbelebung – wenn nichts mehr geht

Der Gedanke ist grauenvoll – aber genau deshalb so wichtig: Wenn ein Kind nicht mehr atmet, musst du reanimieren. Und ja, das kann Leben retten.

So geht’s (bei Kleinkindern bis etwa 8 Jahre):

  • 30x Herzdruckmassage: Mit zwei Fingern in der Mitte des Brustkorbs, etwa 4 cm tief
  • 2x beatmen: Nase zuhalten, über den Mund beatmen
  • Wiederholen, bis Hilfe eintrifft

Das Ganze mit einem Takt von ca. 100–120 Mal pro Minute – „Staying Alive“ von den Bee Gees ist da nicht nur musikalisch, sondern auch medizinisch der Taktgeber.

Klingt das stressig? Ist es auch. Aber es ist besser, etwas zu tun, als nichts. Und jeder einzelne Versuch zählt.

Was tun bei Sturz, Schnitt & Co.? Kleine Unfälle, große Wirkung

Kinder fallen. Immer. Und meistens passiert nicht viel. Aber manchmal eben doch.

Beispiel 1 – Platzwunde an der Stirn: Klassischer Fall: Tischkante, bumm, Blut. Wichtig ist: Nicht in Panik geraten, Kopf blutet oft stark. Druckverband machen, kühlen, ggf. zum Arzt.

Beispiel 2 – Schürfwunde am Knie: Wasser marsch! Reinigen, ggf. desinfizieren, Pflaster drauf. Und wenn das Kind tapfer war, gibt’s ein Eis. So läuft das bei uns.

Beispiel 3 – Verdacht auf Gehirnerschütterung: Kind schlägt mit dem Kopf auf, wirkt später schläfrig, übergibt sich. Sofort abklären lassen. Lieber einmal zu viel zum Arzt als einmal zu wenig.

Verbrennungen und Verbrühungen – schneller als man denkt

Ein umgestoßener Kaffeebecher, ein Griff an die heiße Herdplatte – schon ist’s passiert.

Erste Hilfe bei leichten Verbrennungen:

  • Kühlen mit lauwarmem Wasser (nicht eiskalt!)
  • Kleidung vorsichtig entfernen (nicht abreißen!)
  • Keine Hausmittel wie Zahnpasta oder Öl verwenden!
  • Steril abdecken

Bei großflächigen oder offenen Verbrennungen: Sofort 112. Und ja, auch hier gilt – ruhig bleiben hilft.

Verschluckt! Und jetzt?

Einer der häufigsten Notfälle bei Kleinkindern. Murmel, Erdnuss, Bauklotz – alles wird zum Spielzeug und manchmal eben auch zur Gefahr.

Kind hustet, kann noch sprechen oder weinen? Super – weiter husten lassen, keine Panik machen.

Kind bekommt keine Luft, wird blau?

Dann schnell handeln:

  1. Kind über dein Knie legen, Gesicht nach unten
  2. 5x zwischen die Schulterblätter klopfen
  3. Wenn erfolglos: Heimlich-Griff (nur bei größeren Kindern)
  4. Sofort 112 rufen

Ich hatte selbst mal so einen Moment. Meine Tochter – gerade zwei – verschluckte ein Stück Apfel. Sie hustete, bekam keine Luft mehr, und ich… war völlig überfordert. Erst als mein Mann das Kind über den Oberschenkel legte und klopfte, löste sich das Stück. Ich zitterte noch eine Stunde danach.

Fieberkrampf – der stumme Schocker

Es sieht schrecklich aus – und ist doch meist harmlos: ein Fieberkrampf. Typisch bei Kindern zwischen 6 Monaten und 5 Jahren. Das Kind zuckt, verdreht die Augen, ist nicht ansprechbar.

Was tun?

  • Ruhe bewahren (leichter gesagt als getan)
  • Kind sichern (z. B. nicht vom Sofa fallen lassen)
  • Nicht festhalten oder schütteln
  • Uhr mitlaufen lassen – dauert meist unter 5 Minuten
  • Danach zum Arzt zur Abklärung

Der erste Fieberkrampf ist für viele Eltern ein Trauma. Aber: Meist sind sie ungefährlich. Und trotzdem – immer ernst nehmen.

Allergische Reaktion – wenn das Immunsystem durchdreht

Ob Wespenstich, Erdnuss oder Medikament – manche Reaktionen kommen plötzlich und heftig.

Typisch:

  • Schwellungen (z. B. Lippen, Augenlider)
  • Atemnot
  • Ausschlag, Juckreiz
  • Kreislaufprobleme

Was tun?

  • Bei bekannten Allergien: Notfallset benutzen (Adrenalin-Autoinjektor)
  • Kind hinlegen, Beine hochlagern
  • 112 rufen
  • Ruhig bleiben und beim Kind bleiben

Allergien sind tückisch, weil sie schnell eskalieren. Je früher gehandelt wird, desto besser.

Was gehört in die Hausapotheke?

Du musst keine Mini-Klinik zuhause haben – aber ein paar Dinge sollten griffbereit sein:

  • Fieberthermometer
  • Pinzette
  • Pflaster & sterile Kompressen
  • Wunddesinfektion
  • Fieberzäpfchen / -saft
  • Kühlpad
  • Verbandszeug
  • Rettungsdecke
  • Zeckenkarte

Und: Alle halbe Jahre mal durchsehen. Nichts ist ärgerlicher als ein abgelaufenes Fieberzäpfchen nachts um drei.

Und wann ist der Erste-Hilfe-Kurs fällig?

Ganz einfach: Spätestens wenn du Mama oder Papa wirst. Am besten vorher. Und ja, es gibt spezielle Kurse für Erste Hilfe am Kind – meist bei DRK, Johannitern oder Maltesern.

Ich war vor der Geburt unseres ersten Kindes in so einem Kurs. Es war augenöffnend. Wir haben das Heimlich-Manöver an Puppen geübt, gelernt, wie sich eine Lungenentzündung anhört und wie wir in einer Stresssituation klar denken. Spoiler: Es klappt nicht immer – aber besser, man hat’s einmal durchgespielt.

Fazit: Du musst kein Profi sein – aber vorbereitet

Du musst keine Notärztin und kein Rettungssanitäter sein. Aber du solltest wissen, was im Fall der Fälle zu tun ist. Weil Sekunden entscheiden können. Und weil wir als Eltern oft die Ersten sind, die da sind.

Und ja – du wirst trotzdem Herzklopfen haben. Trotzdem zittern. Trotzdem zweifeln. Aber mit dem Wissen im Kopf und ein bisschen Übung kannst du dein Kind besser schützen. Und das ist es doch, was zählt, oder?

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