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Wie du als Elternteil wieder zu dir selbst findest

Zwischen Brotdosen und Einschlafbegleitung verliert man sich leicht – aber du darfst dich wiederfinden.

Weißt du noch, wann du zuletzt etwas nur für dich getan hast? Nicht für die Kinder. Nicht für den Haushalt. Nicht für den Job. Sondern einfach nur für dich? Diese Frage kann wehtun. Weil die Antwort oft lautet: „Keine Ahnung.“ Und das ist schon Antwort genug, um zu sagen: Es wird Zeit, dass du wieder einen Platz in deinem eigenen Leben findest.

Denn wenn wir als Eltern nicht auf uns achten, geraten wir irgendwann aus dem Gleichgewicht. Dann fühlt sich das Leben an wie ein Dauerlauf mit zwei linken Schuhen. Deshalb geht es in diesem Artikel nicht um To-do-Listen oder perfekte Erziehungstipps. Sondern um dich. Und darum, wie du dich als Elternteil Schritt für Schritt wieder selbst findest – mit Ehrlichkeit, Selbstmitgefühl und kleinen, machbaren Ideen.

Warum wir uns als Eltern manchmal verlieren

Es passiert schleichend. Erst ist da das Baby, das rund um die Uhr deine Aufmerksamkeit braucht. Dann das Kleinkind mit Trotzphasen, der Schulstress, das Mamataxi-Dasein. Und irgendwann merkst du: Du funktionierst nur noch. Du hast vergessen, wer du warst, bevor du „Mama“ oder „Papa“ wurdest.

 

Ich erinnere mich noch gut an die Phase, in der ich morgens nicht mal mehr wusste, was ich anziehen soll. Nicht, weil ich keine Auswahl hatte. Sondern weil es mir schlicht egal war. Ich war innerlich abgemeldet. Alles drehte sich nur noch um die Kinder. Die Tage liefen vorbei wie im Tunnel. Und mittendrin stand ich – auf Autopilot, mit leerem Akku.

Dabei ist es keine Schande, sich selbst aus dem Blick zu verlieren. Es ist menschlich. Aber es ist auch ein Weckruf. Ein Signal, das uns einlädt, wieder Kontakt zu uns selbst aufzunehmen.

Erste Hinweise, dass du dich selbst aus den Augen verlierst

  • Du machst kaum noch etwas, das dir Freude bringt
  • Du bist oft gereizt oder leer
  • Du kannst dich schwer konzentrieren oder entscheidest alles nur noch pragmatisch
  • Du empfindest wenig Stolz oder Freude an Dingen, die dich früher begeistert haben
  • Du hast das Gefühl, dich selbst nicht mehr richtig zu kennen

Hinzu kommen oft körperliche Begleiterscheinungen: Kopfschmerzen, Verspannungen, Schlafprobleme oder ein ständiges Gefühl von Überforderung. Alles Hinweise darauf, dass du nicht mehr in dir verankert bist. Dass deine innere Stimme übertönt wird vom Lärm des Alltags.

Diese Anzeichen sind kein Drama. Aber sie sind ein Zeichen, hinzuschauen. Denn Elternsein soll nicht bedeuten, sich selbst aufzugeben. Es darf auch Raum für dich geben. Du darfst existieren – nicht nur als Funktionseinheit, sondern als fühlender, lebendiger Mensch.

Warum Selbstfürsorge kein Egoismus ist

Viele von uns tragen einen alten Glaubenssatz mit sich herum: „Wenn ich an mich denke, bin ich egoistisch.“ Gerade in der Elternrolle wird das schnell zur Falle. Aber Selbstfürsorge ist kein Luxus. Sie ist die Grundlage für alles. Es ist wie beim Flugzeug: Du setzt dir zuerst selbst die Sauerstoffmaske auf, bevor du anderen hilfst. Weil du sonst ohnmächtig wirst. So simpel – und doch so schwer umzusetzen im Familienchaos.

Denn wie willst du für andere da sein, wenn du selbst auf dem Zahnfleisch gehst? Deine Kinder brauchen dich nicht perfekt. Sie brauchen dich echt. Und da gehört auch ein gesundes Ich-Gefühl dazu. Ein Kind, das sieht, wie seine Eltern auf sich achten, lernt mehr fürs Leben als durch jedes pädagogische Konzept.

Ich sage mittlerweile laut und deutlich: „Ich brauch eine Pause.“ Nicht erst, wenn ich zusammenklappe. Sondern vorher. Und das hat nichts mit Schwäche zu tun – sondern mit Verantwortung.

Wege zurück zu dir: Kleine Schritte mit großer Wirkung

Es braucht keine Auszeit auf Bali (auch wenn die schön wäre). Manchmal reichen zehn Minuten Tür zu und Musik an. Der Schlüssel liegt in der Regelmäßigkeit und dem Bewusstsein. Was du tust, muss nicht groß sein – es muss nur ehrlich sein.

Hier ein paar Ideen, wie du dich selbst wieder spüren kannst:

  • Tagebuch schreiben: Nicht für andere. Nur für dich. Gedanken, Fragen, Sehnsüchte. Vielleicht nur drei Sätze pro Tag – aber sie gehören dir.
  • Spazieren gehen: Allein. Ohne Ziel. Einfach mal atmen, den Himmel anschauen. Der Unterschied zwischen „mal rausgehen“ und „bewusst draußen sein“ ist enorm.
  • Musik hören, die du liebst: Kein Kinderlied. Kein Radio. Deine Playlist. Erinner dich daran, wie du dich früher gefühlt hast, wenn du deinen Lieblingssong gehört hast.
  • Kreativ werden: Malen, basteln, schreiben, werkeln. Nicht, um etwas zu leisten. Sondern um dich auszudrücken. Lass deine Hände wieder Dinge tun, die dich zum Lächeln bringen.
  • Ein Hobby reaktivieren: Was hast du früher gern gemacht? Was davon geht heute noch irgendwie? Vielleicht nicht jeden Tag – aber ab und zu?

Ich habe zum Beispiel wieder angefangen zu fotografieren. Nur mit dem Handy. Aber es war wie ein kleiner Klick in meinem Inneren. Da war wieder etwas, das nur mir gehörte. Etwas, das nicht bewertet oder verglichen wird. Etwas, das mir gehört, ohne Zweck und ohne Druck.

Zeitinseln schaffen im Familienalltag

Ja, der Tag hat nur 24 Stunden. Aber wir nutzen sie nicht immer so, wie es uns gut tut. Zwischen Schulbrot und Bettgehzeit gibt es kleine Inseln, die du für dich erobern kannst. Es geht nicht darum, Zeit zu haben – sondern sie dir zu nehmen.

  • Steh 15 Minuten früher auf, wenn es dir hilft – oder bleib abends etwas länger wach, um mit dir allein zu sein
  • Gönn dir bewusst einen Kaffee auf dem Balkon, statt ihn nebenbei zu kippen
  • Nutze die Autofahrt allein für Gedankenreisen oder Podcasts
  • Sag auch mal: „Heute macht das Abendessen Papa. Ich brauch Luft.“
  • Lehn auch mal Aufgaben ab, die dir Energie rauben – ganz ohne schlechtes Gewissen

Es geht nicht darum, jeden Tag zur Wellness-Oase zu machen. Sondern um Momente der Rückverbindung. Wie ein kurzes „Hallo, da bist du ja wieder“ zu dir selbst. Und genau diese Mini-Momente sammeln sich zu etwas Großem.

Mit anderen darüber sprechen

Das Thema „Ich hab mich selbst verloren“ ist kein Smalltalk-Stoff. Aber es lohnt sich, darüber zu sprechen. Mit Freund:innen. Mit der Partnerin oder dem Partner. Mit anderen Eltern. Manchmal reicht ein einziges Gespräch, um sich selbst wieder klarer zu sehen.

Ich habe einmal bei einem Elternabend ganz ehrlich gesagt: „Manchmal weiß ich nicht mehr, wer ich bin.“ Und siehe da: Die halbe Runde nickte. Wir sind nicht allein mit diesem Gefühl. Aber wir sprechen zu selten darüber.

Austausch bedeutet nicht, alles zu lösen. Aber es bedeutet, verstanden zu werden. Und das allein ist oft schon Balsam.

Hilfe annehmen – ein Zeichen von Stärke

Wenn du merkst, dass du den Weg zu dir nicht allein findest, hol dir Unterstützung. Es gibt Coachings, Therapien, Beratungsangebote für Eltern. Niemand muss sich alleine wieder zusammensetzen wie ein Puzzle. Hilfe anzunehmen ist kein Zeichen von Versagen – es ist ein Schritt in Richtung Selbstfürsorge.

Vielleicht brauchst du nur eine neutrale Sicht von außen. Jemanden, der dich erinnert: Du bist da. Du zählst. Und du darfst dich wieder entdecken.

Deine Identität neu entdecken

Elternschaft verändert uns. Und das ist okay. Wir werden nicht wieder die, die wir vorher waren. Aber wir dürfen uns neu definieren. Das Leben ist kein Zurück – es ist ein Weiter.

Was macht dich aus – außerhalb deiner Elternrolle?

  • Welche Werte sind dir wichtig?
  • Was lässt dein Herz hüpfen?
  • Wofür willst du Zeit haben?
  • Was würde dir deine beste Freundin raten?

Diese Fragen helfen dir, dein neues Ich kennenzulernen. Nicht als Gegensatz zum Elternsein. Sondern als Erweiterung. Du musst nicht wählen zwischen „Ich“ und „Wir“. Es darf beides geben. Es muss sogar.

Vielleicht wirst du überrascht sein, was du noch alles in dir trägst. Fähigkeiten, Interessen, Sehnsüchte. Alles wartet darauf, von dir wieder gelebt zu werden.

Fazit: Du bist mehr als nur Elternteil

Du bist ein Mensch mit Träumen, Bedürfnissen, Ecken und Kanten. Und du darfst dich wichtig nehmen. Nicht nur, weil es dir guttut. Sondern weil es deine Familie stärkt.

 

Dein Kind braucht nicht eine erschöpfte Superheldin oder einen ausgebrannten Superpapa. Es braucht dich. In echt. Mit Herz, mit Kraft – und mit Pausen.

Also: Geh los. Schritt für Schritt. Zurück zu dir. Du bist es wert. Und du bist nicht allein.

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