Wenn es um Hausaufgaben geht, prallen Welten aufeinander: Kinder wollen am liebsten gleich nach der Schule alles vergessen, Eltern wollen es „schnell hinter sich bringen“ – und irgendwo dazwischen liegt die große Frage: Wann ist eigentlich die beste Zeit, um Hausaufgaben zu machen? Früh? Spät? Direkt nach der Schule? Oder lieber nach dem Toben im Garten?
Wir haben das bei uns zuhause lange ausprobiert, variiert, diskutiert – und irgendwann gedacht: Was sagt eigentlich die Wissenschaft dazu? Was Studien und Experten meinen, wie wir’s in der Praxis lösen und warum es manchmal trotzdem nicht rund läuft, das erzählen wir dir hier. Vielleicht hilft’s ja auch bei euch.
Was die Forschung zur besten Uhrzeit sagt – kurz & verständlich erklärt
Zahlreiche Studien aus der Lernpsychologie zeigen: Der Tagesverlauf beeinflusst unsere Konzentration enorm. Besonders Kinder und Jugendliche haben sogenannte kognitive Leistungskurven, die sich im Laufe des Tages stark unterscheiden.
Die allgemeine Erkenntnis:
- Zwischen 10 und 12 Uhr vormittags sind Kinder besonders aufnahmefähig. Blöd nur, dass sie da meistens noch in der Schule sitzen.
- Nach dem Mittagessen – also so gegen 13 bis 15 Uhr – sackt die Leistungskurve meist ab. Der berühmt-berüchtigte „Mittagstief“ macht sich breit.
- Zwischen 15 und 17 Uhr nimmt die geistige Leistungsfähigkeit wieder zu – ein kleines „kognitives Hoch“. Genau diese Phase eignet sich laut Studien besonders gut für konzentriertes Arbeiten – also für Hausaufgaben.
Diese Erkenntnisse gelten natürlich nicht für jedes Kind gleichermaßen. Manche sind echte „Frühstarter“, andere blühen erst abends auf. Aber Studien geben einen groben Rahmen vor, an dem man sich orientieren kann – gerade, wenn zu Hause Chaos herrscht. Wichtig dabei: Auch die Schlafdauer, Ernährung und Bildschirmzeit haben Einfluss auf diese Kurve.
Unser Familien-Test: Hausaufgaben zu vier verschiedenen Uhrzeiten
Wir wollten’s genau wissen und haben mit unseren beiden Kindern ein Experiment gestartet: Eine Woche lang machten sie die Hausaufgaben jeweils zu unterschiedlichen Uhrzeiten. Das Ergebnis? Spannend und ehrlich gesagt auch ein bisschen überraschend.
- Direkt nach der Schule (ca. 13 Uhr): Mürrisch, hungrig, genervt. Die Kinder waren oft noch gar nicht richtig „angekommen“. Hausaufgaben wurden schnell hingeklatscht, Fehler häuften sich. Wir Eltern hatten den Eindruck, sie waren im Kopf noch auf dem Schulhof. Eine Pause? Undenkbar, wenn’s nach uns gegangen wäre. Aber absolut nötig, wenn’s nach den Kindern ging.
- Nach dem Mittagessen + kurzer Pause (ca. 14:30 Uhr): Schon besser. Die Stimmung war entspannter. Unsere Tochter machte sich sogar freiwillig an Mathe. Aber unser Sohn hatte noch Probleme mit der Konzentration – zu müde. Die kurze Ruhepause mit Hörspiel hat da aber schon viel gebracht.
- Später Nachmittag (ca. 16 Uhr): Der Jackpot! Beide Kinder wirkten erfrischt, ausgeglichen. Die Hausaufgaben gingen zügig und fehlerfrei von der Hand. Und: Es gab kaum Diskussionen. Selbst schwierige Aufgaben wurden konzentriert gelöst. Und das Beste: Wir mussten kaum ermahnen oder kontrollieren. Die Motivation kam wie von selbst.
- Abends (nach dem Abendbrot, ca. 18:30 Uhr): Katastrophe. Die Kinder waren durch. Wir auch. Hausaufgaben zogen sich ewig, und die Motivation war irgendwo zwischen Zähneputzen und Sandmann verschwunden. Was bleibt: Ein gestresstes Kind, ein genervter Elternteil und eine schlaflose Nacht. Kein Modell für Wiederholung.
Fazit: Die Studien hatten Recht – bei uns passte das Zeitfenster zwischen 15 und 17 Uhr am besten. Aber es gab noch mehr Erkenntnisse. Zum Beispiel, dass nicht nur die Uhrzeit zählt – sondern auch, wie der Tag davor und danach gestaltet ist.
Kinder sind keine Roboter – Chronotypen machen den Unterschied
Es gibt sogenannte Chronotypen – also biologische Unterschiede darin, wann Menschen aktiv oder müd sind. Manche Kinder sind morgens total fit und können schon um 7 Uhr loslegen. Andere müssen erst „hochfahren“ und sind abends am kreativsten. Studien aus der Schlaf- und Lernforschung zeigen, dass diese Typen sogar genetisch veranlagt sind.
Deshalb lohnt es sich, die eigenen Kinder mal bewusst zu beobachten:
- Wann sind sie besonders wach?
- Wann können sie sich gut konzentrieren?
- Wann sind sie schnell gereizt oder unmotiviert?
Unsere Tochter ist eine „Eule“ – sie blüht nachmittags auf. Unser Sohn ist eher ein „Lerchen-Typ“ – vormittags geht alles viel leichter. Für ihn ist die „Hausaufgaben-Günstzeit“ also vielleicht sogar ein bisschen früher. In stressigen Wochen nutzen wir das auch: An besonders langen Nachmittagen macht er am nächsten Morgen freiwillig 15 Minuten Deutsch vor der Schule – und startet mit einem Erfolgserlebnis in den Tag.
Realität trifft Wunschdenken: Wie wir’s heute regeln
Jetzt mal ehrlich: Im Familienalltag hat man nicht immer die Wahl. Zwischen Sportverein, Musikschule, Freunden und Eltern, die arbeiten, bleibt oft wenig Spielraum. Deshalb haben wir drei Dinge festgelegt:
- Hausaufgabenzeit liegt zwischen 15:00 und 17:00 Uhr – wenn möglich. Das ist unser goldener Korridor. Da klappt’s am besten.
- Keine Hausaufgaben direkt nach dem Heimkommen. Erst mal runterkommen, was essen, was trinken. Vielleicht sogar ein bisschen toben. Oder einfach nur erzählen, wie der Schultag war.
- Flexibilität mit Ansage. An stressigen Tagen dürfen die Kids auch mal pausieren. Lieber am nächsten Morgen früher aufstehen, als abends unter Tränen die Weltformel lösen. An manchen Tagen machen wir auch „Nur das Nötigste“, um niemanden zu überfordern.
Und wir sind ehrlich: Manchmal klappt’s nicht. Dann schreiben wir der Lehrerin eine kurze Notiz. Offenheit ist besser als ein gequältes Kind mit halb fertigem Arbeitsblatt. Und manchmal bekommen wir dafür sogar ein freundliches Dankeschön zurück.
Konzentration will vorbereitet sein – was wir tun, bevor’s losgeht
Auch die beste Uhrzeit bringt nichts, wenn das Drumherum nicht passt. Deshalb achten wir auf ein paar Dinge, bevor die Stifte fliegen:
- Frische Luft: Zehn Minuten rausgehen oder ein Fenster aufreißen wirkt Wunder.
- Bewegung: Kurz Hüpfen, Hampelmänner oder einfach mal durchs Wohnzimmer rennen.
- Kleiner Snack: Obst, Nüsse, Wasser – aber kein Zuckerschock.
- Fester Platz: Immer derselbe Tisch, ordentlich, ruhig. Kein Fernseher, kein Handy.
- Motivation sichtbar machen: Ein kleines Erfolgsposter mit bunten Punkten für jede geschaffte Woche hilft ungemein.
Diese kleinen Rituale helfen mehr als jeder Motivationsspruch. Sie schaffen Verlässlichkeit – und die ist für Kinder Gold wert.
Was, wenn es trotz bester Uhrzeit hakt?
Kennen wir. Und wie. An manchen Tagen passt einfach nichts. Da ist es egal, ob 15 Uhr, 17 Uhr oder Mitternacht ist. In solchen Momenten setzen wir auf Plan B:
- Aufgaben aufteilen: Erst Deutsch, dann Pause, dann Mathe.
- Belohnung in Aussicht: „Wenn du fertig bist, machen wir was Schönes zusammen.“
- Notfallkarte: „Heute geht nix. Wir versuchen’s morgen nochmal.“
- Vorlesen statt Hausaufgabe: Manchmal hilft auch das Umschalten in Kuschel-Modus.
Auch das gehört dazu. Niemand lernt gut unter Druck oder Tränen.
Und was sagen Lehrkräfte?
Wir haben nachgefragt. Einige Lehrerinnen und Lehrer sagten: „Wir merken sofort, wenn ein Kind Hausaufgaben nachts gemacht hat.“ Sie raten: Lieber weniger, aber mit Konzentration, als alles durchziehen bis zum Umfallen. Manche loben sogar den Mut, Aufgaben bewusst zu lassen, wenn das Kind überfordert ist.
Andere empfehlen: Hausaufgaben sollten nicht mehr als 30 bis 45 Minuten dauern – je nach Alter. Wer deutlich länger braucht, sollte das ruhig mitteilen. Das zeigt nicht Schwäche, sondern Verantwortungsbewusstsein. Und das gibt auch dem Kind das Gefühl: Ich werde gesehen – auch mit meinen Grenzen.
Unser Fazit nach vielen Experimenten
Die beste Uhrzeit für Hausaufgaben gibt es nicht für alle Kinder gleich. Aber Studien zeigen klar: Zwischen 15 und 17 Uhr haben die meisten eine gute Konzentrationsphase. Wichtig ist aber auch, auf die eigenen Kinder zu achten. Rituale helfen, ebenso wie Flexibilität. Und der Mut, nicht jeden Tag perfekt meistern zu müssen.
Bei uns klappt es heute besser als früher. Nicht perfekt, aber mit deutlich weniger Frust. Und manchmal, da setzen sich die Kinder einfach ganz allein hin – ganz ohne Aufforderung. Dann wissen wir: Der richtige Zeitpunkt war wohl getroffen.
Und wer weiß – vielleicht hilft dir unser Erfahrungsbericht, den für euch besten Rhythmus zu finden. Ganz ohne Streit. Und mit einem Lächeln im Gesicht, wenn’s dann heißt: „Mama, ich fang schon mal an.“